Influencerin gewinnt gegen Online-Mode-Unternehmen

Eine Influencerin und ehemalige Geschäftsführerin einer GmbH für Online-Modevertrieb hat Anspruch auf Auskunft über die von der GmbH verkauften Kleidungsstücke und auf Feststellung, dass der Influencerin auch nach Ende ihrer Geschäftsführerstellung der GmbH eine weitere Beteiligung an dem Umsatz zusteht.

 

Damit bestätigte der 14. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Stuttgart mit Urteil vom 12.03.2020  eine Entscheidung des Landgerichts (LG) Stuttgarts (Urteil vom 23.04.2019 – 17 O 1171/17).

 

Die damals 20-jährige sog. Fashion-Bloggerin und Influencerin veröffentliche seit 2013 auf ihrem Instagram-Account (damals: circa 50.000 Follower, heute circa 900.000) Bilder von sich und von der von ihr gestalteten Mode unter einem eigenen Modelabel. 

 

Der jetzige Geschäftsführer der beklagten GmbH vereinbarte mit ihr mündlich eine Zusammenarbeit. Mit gemeinsamen Logo sollte Bekleidungsstücke im eigenen Online-Shop verkauft werden. Die Influencerin sollte hierbei mit 10 Prozent am Nettoumsatz beteiligt werden.

 

Die Influencerin wurde damals Geschäftsführerin der beklagten GmbH, die damals als Unternehmergesellschaft (UG) mit beschränkter Haftung gegründet wurde. Sie erhielt kein Gehalt. Alleingesellschafter war hingegen der jetzige Geschäftsführer der GmbH.

 

Mitte 2016 schied die Influencerin im Streit aus. Im Prozess behauptete sie, als Geschäftsführerin nicht über die Finanzen unterrichtet gewesen zu sein. Sie fordert deshalb im Wege der Klage Auskunft sowie Feststellung und fordert abzüglich bereits beleisteter circa 21.000,00 EUR die besagten 10 Prozent des Nettoumsatzes – mit teilweisen Erfolg vor dem LG Stuttgart: Die Influencerin hat Ansprüche gegen den Online-Modevertrieb!

 

Sie erhielt 10 Prozent bis zu ihrem Ausscheiden und nach ihrem Ausscheiden sollte sie für zwei Jahre 5 Prozent des Nettoumsatzes erhalten.

 

Die hiergegen geführte Berufung der beklagten GmbH war vor dem OLG Senat erfolglos. Hierzu bediente sich das Gericht der sog. ergänzenden Vertragsauslegung aufgrund des hypothetischen Parteiwillens. In der Pressemitteilung des OLG wird hierzu ausgeführt:

 

„Die vereinbarte Umsatzbeteiligung sei zum einen für die konkrete verkaufsfördernde Aktivität der Klägerin, ihre Mithilfe bei den Entwürfen und die von ihr geposteten Fotos mit den Bekleidungsstücken, zum anderen aber auch im Hinblick auf die Übernahme der von der Klägerin verwendeten Bezeichnung „Blackdope“ sowie im Hinblick auf das verkaufsfördernde positive Image und die Bekanntheit der Klägerin gewährt worden.

 

Das Ausscheiden der Klägerin aus der Beklagten und der damit verbundene Wegfall ihrer Unterstützung beim Vertrieb der Ware wäre deshalb von den Parteien, hätten sie diese Frage bedacht, so berücksichtigt worden, dass sich die ihr zustehende Umsatzbeteiligung reduziert und im Hinblick auf das zunehmende „Verblassen“ der Verbindung der „Blackdope“-Produkte mit der Klägerin befristet worden wäre. Der Senat hält daher wie das Landgericht eine Reduzierung der Umsatzbeteiligung um die Hälfte sowie eine zeitliche Beschränkung auf zwei Jahre nach dem Ausscheiden der Influencerin für sachgerecht.“

 

Im Übrigen sah der Senat den Auskunftsanspruch entsprechend nach § 242 BGB als begründet an, da die Influencerin geschäftlich unerfahren gewesen sei und keine Kenntnis über ihren Umsatzanspruch gehabt habe und auch weiterhin habe.

 

Diese Entscheidung macht vielleicht deutlich, dass die derzeitige Diskussion im Influencer-Marketing zu versteift auf die Kennzeichnungspflichten fokussiert ist.

 

"Influencerin gewinnt gegen Online-Mode-Unternehmen"

von Rechtsanwalt Jean Paul Bohne