Wikimedia wehrt sich wegen „verbotener“ Informationen zum Ukraine-Krieg

Die Eigentümerin des weltweit bekannten Internetportals Wikipedia, die Wikimedia Foundation, wurde von einem Moskauer Gericht zu einer Geldstrafe von 5 Millionen Rubel, etwa 62.200 Euro, verurteilt. Sie soll Desinformation in Russland betrieben haben, indem sie unter anderem „verbotene“ Informationen zum russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine auf der Wikipedia nicht entfernt hat. Der Onlineenzyklopädie droht sogar eine Sperre in Russland. Gegen das Urteil legt die Stiftung nun Berufung ein.

 

Dem Gerichtsurteil war eine Anordnung einer russischen Medienaufsicht vorausgegangen, wonach bestimmte Inhalte der russischsprachigen Wikipedia zu entfernen waren. Nach Angaben der Wikimedia Foundation waren folgende Artikel zu entfernen und somit Gegenstand des Urteils: Beschuss des Krankenhauses in Mariupol, Bombardierung des Theaters in Mariupol, Kampf um Kiew, Kriegsverbrechen während der russischen Invasion, Massaker in Bucha, Russische Invasionen in der Ukraine (2022) und Schwarzpulver. Das Gericht sah in den Einträgen Desinformation, die dazu geeignet ist, eine Gefahr von Massenunruhen in Russland auszulösen. 

 

Der Leiter der Rechtsabteilung der Stiftung, Stephan LaPorte, äußerte: „Diese Entscheidung impliziert, dass gut fundiertes, verifiziertes Wissen auf Wikipedia, das nicht mit den Darstellungen der russischen Regierung übereinstimmt, eine Desinformation darstellt.“ Das Gericht solle zugunsten der Rechte aller auf Wissenszugang und freie Meinungsäußerung neu entscheiden. Die beanstandeten Artikel sollen gemäß des nicht änderbaren Grundsatzes „Beiträge sind so zu verfassen, dass sie dem Grundsatz des neutralen Standpunkts entsprechen“ fundiertes, verifiziertes Wissen enthalten. Sie seien gut recherchiert und mit Quellen versehen. Zudem sieht die Wikimedia Foundation auch keine Zuständigkeit Russlands für die Stiftung. Die russische Wikipedia sei wie alle anderen Sprachversionen der Enzyklopädie in jedem Land der Welt zugänglich. Die Anordnungen wolle die Stiftung weiterhin nicht befolgen.

 

Das Gericht stützt sein Urteil auf das neue sog. Fake News-Gesetz, das Berichterstattung über den Ukraine-Krieg mit strafrechtlichen Sanktionen belegt. So dürfe der Überfall auf die Ukraine nicht als „Krieg“ bezeichnet werden. Auch darf nicht über russische Tote des Krieges und Kriegsverbrechen berichtet werden. Welche Konsequenz es hat, falsch über die „militärische Spezialoperation“ zu berichten, wird an einem ähnlichen Fall von Google News in Russland deutlich. Google wurde im April ebenfalls zu einer Geldstrafe verurteilt. Als die russische Tochtergesellschaft nicht bezahlte, wurde ihr Bankkonto eingefroren, woraufhin sie Konkurs anmelden musste.

 

 

„Wikimedia wehrt sich wegen „verbotener“ Informationen zum Ukraine-Krieg“

von Otto Weidenkeller, wissenschaftlicher Mitarbeiter