Am 25.05.2018 ist es so weit - die Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO) ist EU-weit anzuwenden. Über die Auswirkungen im Bereich des Datenschutzes wurde viel geschrieben. Insbesondere die theoretisch hohen Strafen wurden allseits diskutiert. Hierbei ging es stets um das Verhältnis zwischen Unternehmen und den Aufsichtsbehörden. Aber wie wirkt sich die DS-GVO eigentlich auf die Unternehmen aus wettbewerbsrechtlicher Sicht aus?
Hierzu lohnt sich zunächst ein Blick auf die bisherigen Rechtsprechung in Bezug auf Verstöße gegen das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG). Nach oberlandesgerichtlicher Rechtsprechung können Verstöße gegen einzelne datenschutzrechtliche Vorschriften wettbewerbsrechtlich bedeutsam sein und einen Verstoß gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) darstellen. Der Bundesgerichtshof hat sich bisher noch nicht zu diesem Komplex geäußert, da er bisher noch keinen Fall dieser Art entscheiden musste. Nach der Rechtsprechung vieler Oberlandesgerichte stellen einzelne Datenschutzvorschriften gleichzeitig Marktverhaltensregeln gemäß § 3 a UWG dar. So entschied beispielsweise das Kammergericht mit Urteil vom 22. September 2017 – 5 U 155/14.
Diese Rechtsprechung stellt das "Einfallstor" für Mitbewerber und natürlich „Abmahnanwälte“ dar. Droht eine Abmahnwelle? Gestützt auf das UWG können wettbewerbsrechtliche Abmahnungen erfolgen, welche in der Regel einen hohen Gegenstandswert haben. Kommt jetzt also mit der DS-GVO eine Abmahnwelle im unternehmerischen Verkehr?
Dafür müssten die Schutzvorschriften der DS-GVO -zumindest teilweise- gleichzeitig dem UWG unterfallen, z.B. als Marktverhaltensregeln. Die Gerichte, welche sich mit einer Abmahnung befassen, die einen Verstoss gegen die DS-GVO unter UWG Gesichtspunkten rügt, müssten dann prüfen, ob die verletzte Vorschrift überhaupt ein Verhalten am Markt regelt und in einem zweiten Schritt, ob die Vorschrift die Interessen von Wettbewerbern als Marktteilnehmer schützt. Denn auch beim Vorliegen von Verstößen bedeutet dies noch lange keinen Verstoß gegen das UWG. Zweck der DS-GVO ist der Schutz personenbezogener Daten natürlicher Personen (als Menschen) und nicht als Unternehmen. Dieser Schutz stellt nach herrschender Meinung in der Literatur ein Menschenrecht dar. Es geht also um die Rechte des einzelnen Menschen. Ein Mitbewerberschutzzweck ist der DS-GVO gerade nicht zu entnehmen. Die Prüfung der Gerichte wird entsprechend eng auslegend zu erfolgen haben, sodass Adressaten von Abmahnungen durchaus Grund haben, positiv gestimmt in eine solche Auseinandersetzung zu gehen, wenngleich im Einzelfall äußerste Vorsicht geboten sein kann.
Dies deckt sich mit der aktuellen Ansicht in der Literatur. Prof. Dr. Helmut Köhler geht im Standardkommentar zum UWG so weit, dass er die Vorschriften der DS-GVO in Bezug auf Rechtsbehelfe, Haftung und Sanktionen für abschließend geregelt hält. Dies hat zur Folge, dass Verstöße gegen die DS-GVO nicht nach § 3a UWG geahndet werden können. Es fehlt bereits an einer Klagebefugnis nach § 8 Abs. 1 UWG. Mitherausgeber des Kommentars ist übrigens Jörn Feddersen, der zugleich Mitglied des I. Zivilsenats des Bundesgerichtshofes (BGH) ist, welcher für UWG Fälle zuständig ist.
Im Ergebnis lassen sich wie gezeigt nur Tendenzen skizzieren. Es bleibt natürlich abzuwarten, wie die Rechtsprechung derartige Abmahnfälle in der Praxis handhaben wird. Nach unserer Einschätzung spricht aber viel für die von Prof. Dr. Helmut Köhler vertretene Auffassung.
"Kommt mit der DS-GVO eine Abmahnwelle?"