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Domainrecht: Bei Namensanmaßung hilft Meinungsfreiheit nicht - wir-sind-afd.de

Die Nutzung einer Domain als Kritiker kann eine Zuordnungsverwirrung und somit eine Verwechselungsgefahr begründen. So entschieden das Landgericht (LG) Köln (Az.: 33 O 79/17) sowie das Oberlandesgericht (OLG) Köln (Hinweisbeschl. v. 06.08.2018, Az. 7 U 85/18).

 

Was war passiert?

Ein Blogger nutzte die Domain „wir-sind-AfD.de“, um gesammelte Zitate von AfD-Politikern zu veröffentlichen. Dabei orientiert sich die gestaltete Seite an den Farben und der Aufmachung des typischen Auftritts der AfD. Unter der Überschrift befindet sich der Untertitel: „Wir sind eine rechtsextreme, rassistische menschenverachtende Partei und sitzen unter anderem im deutschen Bundestag“. Abgesehen von den bereits angesprochenen Sammlungen von Zitaten und verbalen Ausrutschern von AfD-Politikern hat die Seite keinen weiteren Inhalt.

 

Nach Ansicht des Betreibers Nathan Mattes und dessen Rechtsbeistand muss es erlaubt sein, in Deutschland unter einer gut auffindbaren Domain über die Äußerungen von Politikern aufzuklären. Dies sei sein durch die Meinungsfreiheit gesichertes Recht.

 

Das LG Köln sah dies in erster Instanz (Az.: 33 O 79/17) anders und untersagte dem Betreiber der Seite die Nutzung und verurteilte den Betreiber der Löschung der Domain zuzustimmen. Denn es liege eine unberechtigte Namensanmaßung im Sinne des § 12 Satz 1, 2. Fall Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) vor, die lediglich dazu diene, bei dem Besucher der Seite ein Identitätsirrtum hervorzurufen und öffentlich Stimmung gegen die Partei zu machen.

 

Die Meinungs- und Pressefreiheit des Betreibers stehe dem nicht entgegen, da es diesem freistehe, diese Inhalte auf einer anderen Domain weiterzuverbreiten. Aus diesen Grundrechten lasse sich jedoch kein Anspruch auf die Benutzung einer bestimmten Domain herleiten.

 

Gegen diese Entscheidung plante der Betreiber Berufung einzulegen, auf welche das OLG zunächst mit einem Hinweisbeschluss reagierte.

 

Was hat das OLG Köln in seinem Hinweisbeschluss ausgeführt?

 

Nach Ansicht des OLG habe die AfD ein schutzwürdiges Interesse daran, dass der Name nicht gebraucht werden dürfe, um öffentlich gegen die Partei Stimmung zu machen. Daher sei beabsichtigt die Berufung zurückzuweisen. 

 

Das OLG führt weiter aus: „Die Partei braucht sich nicht gefallen zu lassen, dass durch den Gebrauch ihres Namens in einer Domain zunächst der Irrtum hervorgerufen wird, die unter der Domain betriebene Homepage stamme von ihr, damit sie alsdann auf der unter der Domain betriebenen Webseite kritisiert wird.“

 

Aufgrund der medialen Präsenz sei der Name AfD unterscheidungskräftig und habe Verkehrsgeltung erlangt. Der durchschnittliche Nutzer gehe davon aus, dass es sich um die Domain der Partei selbst handele. Insbesondere sei die Partei in diesem Fall schutzwürdig, da nicht nur die Abkürzung mit dem typischen Zusatz „Wir sind …“ gebraucht worden sei, sondern auch das typische Layout und die Farben der Partei. Dadurch könne der Eindruck entstehen, dass der Betreiber im Einvernehmen der Partei handele und diesen Eindruck nutze, um Stimmung gegen die Partei zu machen.

 

Weiterhin verweist das OLG auf die Entscheidung des LG. Denn die Meinungsfreiheit des Betreibers ändere an dieser Einschätzung nichts. Dieser könne seine Seite auch unter einer anderen Domain betreiben. In diesem Fall trete die Meinungsfreiheit des Bloggers hinter das schutzwürdige Interesse der Partei zurück. Weiterhin könne sich der Blogger nicht auf die Kunstfreiheit, sowie den besonderen Schutz der Satire berufen, da die bloße Wiedergabe von Zitaten nicht darunter falle. Vielmehr sei durch das Betreiben der Seite unter der Domain das Grundrecht der Partei gem. Art. 21 I GG beeinträchtigt, wonach die Partei an der politischen Willensbildung des Volkes mitwirken könne.

 

Trotz dieses Hinweises will der Betreiber der Seite weitermachen. Möglich wird dies im Hinblick auf die Kosten durch Crowdfunding. Auf diese Weise hat er innerhalb kurzer Zeit 55.000 Euro zusammengetragen, um die Chance zu wahren, möglicherweise doch noch in der Berufung Recht zu bekommen. Vielleicht hilft ihm seine Hartnäckigkeit. 

 

Christoph Opdensteinen, wissenschaftlicher Mitarbeiter