Robotic Process Automation in der Rechtsbranche

Nicht so populär wie der Einsatz künstlicher Intelligenz aber dennoch von zunehmender Bedeutung ist der Einsatz von Robotic Process Automation (RPA) in Wirtschaft, Verwaltung und Gesellschaft. Im folgenden Beitrag soll daher ein grober Überblick über den Einsatz von RPA in der Rechtsbranche geschaffen werden.

 

Definition RPA

Robotic Process Automation beschreibt einen Ansatz der Prozessautomatisierung, bei dem repetitive, regelbasierte Aufgaben durch einen Softwareroboter bearbeitet werden. Softwareroboter, sogenannte Bots oder Virtual Legal Assistants (VLA), werden so programmiert, dass sich wiederholende Aufgaben automatisch nach einem zuvor festgelegten Ablauf abgearbeitet werden können. Sie ahmen die menschliche Leistung selbständig nach. In der Folgezeit kann der Softwareroboter sodann die Aufgaben routinemäßig durchführen. Der Roboter wird so zu einem selbständigen Mitarbeiter der Kanzlei mit eigenem Aufgabenbereich.

 

Voraussetzung dafür ist, dass der zu automatisierende Prozess regelbasiert ist, also keine Einzelfallabwägungen angestellt werden müssen. Als Einsatzfeld stehen damit vor allem einfache Verwaltungsaufgaben innerhalb der Kanzleiorganisation im Fokus.

 

Vorteile des Einsatzes

Als mögliche Vorteile nennen Befürworter des RPA-Einsatzes vor allem eine enorme Effizienzsteigerung, geringere Fehleranfälligkeiten und Kosteneinsparungen. Auch die Rechtsbranche beklagt eine stetig größer werdenden Personalmangel und Nachwuchsknappheit. Seit mehreren Jahren ist ein rückläufiger Trend der neu abgeschlossenen Berufsausbildungsverträge der Rechtsanwaltsfachangestellten zu beobachten. Wurden 2018 noch 3.113 Berufsausbildungsverträge geschlossen, so waren es 2021 bereits nur noch 2.570 Verträge. Während auf einer Seite Personal dadurch gewonnen werden muss das Berufsbild attraktiver zu machen, müssen auf anderer Seite auch alternative (Übergangs-) Lösungen erörtert und erprobt werden. Werden einfache organisatorische Aufgaben an Softwareroboter ausgelagert, so können dadurch frei gewordene personelle Ressourcen für dringendere und anspruchsvollere Aufgaben eingesetzt werden. Damit wäre eine effektive Nutzung der vorhandenen Personaldecke gewährleistet.

 

Auch ist ein solcher Roboter nicht an Arbeits-, Pausen- und Urlaubszeiten gebunden, sodass ein Einsatz rund um die Uhr denkbar wäre. Auch ist gerade in Bereichen mit einem solch großen Verwaltungsaufwand und Formalitäten der Faktor Mensch für Fehleranfälligkeiten nicht zu unterschätzen. 

 

Im Rahmen der anwaltlichen Tätigkeit ist ein RPA-Einsatz ebenfalls grundsätzlich denkbar. Tagtäglich müssen Dokumente gesichtet, analysiert und entsprechend verarbeitet werden. Diese Sichtung, Zuordnung und Analyse kann ebenfalls mittels RPA bewerkstelligt werden.

 

Grenzen für den Einsatz

Doch wie realistisch ist die Einführung eines ,,virtuellen Sekretariats‘‘ wirklich? Zahlreiche Aufgaben können bereits ihrer Natur nach nicht auf Roboter ausgelagert werden, da ein menschlicher Kontakt erforderlich ist. Rechtsanwaltsfachangestellte sind meist die ersten Anwesenden in der Kanzlei, der Anrufbeantworter wird abgehört, der Mandantenbesuch empfangen und Telefonate geführt und der Posteingang und -ausgang bearbeitet.   

 

Im Rahmen der anwaltlichen Tätigkeit macht einen großen Teil des juristischen Denkens Interpretation und Subsumtion aus. Hier liegt eine weitere Grenze der RPA. Diese kann zwar Prozesse optimieren, nicht aber eigene Denkleistungen einbringen. Denkbar wäre ein RPA-Einsatz hier in Kombination mit künstlicher Intelligenz, wobei die RPA die organisatorische Seite übernimmt und KI den Inhalt ausfüllt. 

 

Fazit

Die Einführung einer virtuellen Kanzlei bleibt weiterhin überwiegend ein Zukunftsgedanke. Einsatzpotenziale sind ebenso vorhanden, wie Grenzen für einen Einsatz von RPA. Gerade Rechtsdienstleistungen sind aber oft mit einem hohen Maß an Vertrauen zwischen Kanzlei und Mandantschaft verbunden, sodass ein direkter menschlicher Kontakt oftmals unentbehrlich sein dürfte. Möglich wäre der Einsatz aber bereits jetzt für weniger bedeutungsvolle, dafür aber zeitintensive Aufgaben. Fraglich sein dürfte in diesem Zusammenhang aber, ob dies im Verhältnis von Kosten und Nutzen der RPA-Entwicklung auch sinnvoll ist. Wir meinen: Ja, und testen den Einsatz bereits. Zugleich beraten wir Start-ups und Unternehmen im Bereich von Robotic Process Automation.

 

 

"Robotic Process Automation in der Rechtsbranche" 

von Gina Amalathasan, wissenschaftliche Mitarbeiterin