Über die Frage der Kostenerstattung zugunsten einer tatsächlich nicht existierenden Prozesspartei hatte der BGH sich bereits im Jahre 2004 umfassend und nachvollziehbar geäußert -BGH XII. ZB 226/03- und diese dem Grunde nach bejaht. Der BGH geht dabei im Wesentlichen davon aus, dass die Parteieigenschaft, also die Eigenschaft, Partei eines Rechtsstreits zu werden, insoweit fingiert wird. Dies gelte sowohl für den Prozess an sich, als auch im sich daran anschließenden Kostenverfahren, mit der Folge, dass prozessbevollmächtigte Rechtsanwälte im Namen einer tatsächlich nicht existierenden Partei ihre entstandenen Kosten geltend machen können.
In der Praxis weist der Weg dorthin allerdings einige prozessuale Stolpersteine auf, wie ein aktuell von hier bearbeiteter Fall nun zeigt.
Was war geschehen?
Wir waren beauftragt worden, gegen ein Einzelunternehmen im Namen unserer Mandantin Forderungen gerichtlich durchzusetzen. Von Anfang an bestanden bei der Ermittlung der beklagten Partei tatsächliche Probleme. Hierbei handelte es sich um eine Person asiatischer Herkunft, deren Namensbestandteile in mehrfachen Zusammensetzungsvarianten existierten. Der beantragte Mahnbescheid konnte gleichwohl ordnungsgemäß zugestellt werden. Im Folgenden legte die beklagte Partei gegen den ergangenen Mahnbescheid Widerspruch ein, sodass das Verfahren zu guter Letzt beim Landgericht Düsseldorf landete.
Nach Zustellung der von hier gerfertigten Anspruchsbegründung bestellten sich Rechtsanwälte "vorsorglich für den Betrieb H" und teilten mit, dass die tatsächlich beklagte Partei nicht existent sei. Bei dem Betrieb H handele es sich um einen Familienbetrieb (ausweislich des tatsächlichen Namens ebenfalls asiatischer Herkunft), eine Person mit dem Namen der beklagten Partei sei nicht bekannt und existiere auch nicht.
Zur Vermeidung eines Prozessverlustes wegen fehlender Passivlegitimation nahmen wir im Auftrag unserer Mandantin die Klage zurück, um zunächst noch einmal die tatsächlichen Besitzverhältnisse zu ermitteln. Das Landgericht Düsseldorf erlegte unserer Mandantin als Klägerin sodann nach Klagerücknahme die Kosten des Verfahrens auf, was im Ausgangspunkt vollkommen richtig ist.
In der Folge stellten die Rechtsanwälte, welche sich "für den Betrieb H" bestellt hatten nunmehr einen entsprechenden Kostenfestsetzungsantrag. Die von hier erhobenen Einwände gegen die Geltendmachung von Kosten ignorierte das Landgericht Düsseldorf und erließ den beantragten Kostenfestsetzungsbeschluss. Hiergegen wendeten wir uns für unsere Mandantin mit dem Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde, welcher das Landgericht nicht folgte und die Sache demnach dem Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf zur Entscheidung vorlegte.
Mit Beschluss vom 24.08.2016 (OLG Düsseldorf -I-5 W 37/16-) änderte das OLG Düsseldorf den ergangenen Kostenfestbeschluss dahin gehend ab, dass der Kostenfestsetzungsantrag zurück gewiesen wird und verneinte damit eine Kostentragung unserer Mandantin.
In seiner umfangreichen Begründung bestätigte das OLG Düsseldorf die oben zitierte Rechtsprechung des BGH, sah aber im konkret vorliegenden Fall keine Anwendungsmöglichkeit dieser, was an einer prozessualen Feinheit des Falles lag. Die gegnerischen Rechtsanwälte hatten sich, anders als beim zitierten Fall des BGH, gerade nicht für eine nicht existente Partei bestellt. Vielmehr hatten sie sich "für den Betrieb H" bestellt und in dessen Namen behauptet, die beklagte Partei sei nicht existent. Der Betrieb H war aber unstreitig zu keinem Zeitpunkt Partei des Rechtsstreits geworden, sodass die oben dargestellte Fiktionswirkung im vorliegenden Fall nicht greife, so das OLG Düsseldorf. Tatsächlich hatten sich die gegnerischen Rechtsanwälte hier für eine dritte Partei, die gänzlich unbeteiligt war, bestellt und gerade nicht für eine nicht existente Partei, dessen Existenz in der Folge hätte fingiert werden können. Ein Anspruch auf Kostenerstattung bestehe daher schon dem Grunde nach nicht, so das OLG, denn die Klägerin habe die Kosten des Rechtsstreits nur im Verhältnis zur beklagten Partei zu tragen. Für diese -nicht existente- Partei habe sich aber niemand bestellt.
Wer aber trägt nun die Kosten für das durch die sofortige Beschwerde nötig gewordene Beschwerdeverfahren?
Auch diese Frage hat das OLG Düsseldorf beantwortet und die Kostenlast direkt den Rechtsanwälten der Gegenseite persönlich auferlegt. Zur Begründung griff das OLG auf das sogenannte Veranlasserprinzip zurück. Danach kann ein vollmachtloser Vertreter selbst mit den Kosten belastet werden. Nach zutreffender Ansicht des OLG handelten die Rechtsanwälte bei der Stellung des Kostenfestsetzungsantrages vollmachtlos, denn sie hatten sich gerade nicht für die nicht existente beklagte Partei bestellt und nur diese war Partei des Rechtsstreits.
Wir halten die Entscheidung des OLG Düsseldorf für dogmatisch richtig und für ein gutes Beispiel, welche Fallstricke die Zivilprozessordnung in der täglichen Rechtspraxis bereit hält.
"OLG Düsseldorf: Über die Tücken der Kostenerstattung bei einer nicht existenten Partei"