Markenrechtstreitigkeit zwischen New Yorker und BIW Invest

Bei „Compton“ handelt es sich um einen im Hip-Hop-Kontext bekannten Vorort von Los Angeles, der etwa 100.000 Einwohner hat. Ende Juli 2020 hatte die Firma New Yorker & Media International (New Yorker) einen Antrag beim europäischen Amt für geistiges Eigentum (EUIPO) gestellt, um die Bild- und Wortmarke „Compton“ für nichtig zu erklären. New Yorker ist der Ansicht, dass die vermeintliche Assoziation zwischen der Marke und dem Vorort von Los Angeles im Hip-Hop-Kontext dazu führe, dass der Begriff als beschreibende geografische Herkunftsbezeichnung betrachtet werde und daher nicht für den Markenschutz geeignet sei. Der Antrag hatte vor der zweiten Beschwerdekammer des EUIPO Erfolg, worauf die Marke „Compton“ für nichtig erklärt wurde.

 

Anschließend erhob die im schweizerischen Appenzell ansässige Markeninhaberin BIW Invest AG Klage gegen die Entscheidung des EUIPO beim Europäischen Gericht (EuG). Die Klage betrifft die Entscheidung des EUIPO, in der die Nichtigkeit der Eintragung der geografischen Bezeichnung „Compton“ als Unionsmarke für Produkte wie Bekleidungstücke, Schuhwaren, Reisegepäck und Taschen erklärt wurde. Die BIW Invest AG ist der Ansicht, dass die Entscheidung des EUIPO mehrere Fehler aufweise. Die Definition der fraglichen Artikel und der maßgebliche Käuferschaft sei zu eng und die Bekanntheit der Stadt Compton bei diesem Publikum sei falsch beurteilt worden. Ferner führte die BIW Invest AG aus, dass übermäßig strenge Maßstäbe in Bezug auf den Schutz geografischer Bezeichnungen angelegt worden seien und eine unzutreffende Verbindung zwischen dem geografischen Namen „Compton“, dem Ortsteil von Los Angeles und den fraglichen Waren angenommen wurde. 

 

Das EuG hat entschieden, dass der Begriff “Compton” die markenrechtlichen Schutzvoraussetzungen erfülle (Urteil v. 28.02.2024, Az T-746/22). Grundsätzlich weist das EuG in der Entscheidung auf folgende Ausschlussgründe für die Eintragung einer geografischen Bezeichnung hin:

 

„(…) von der Eintragung als Marken zum einen geografische Bezeichnungen ausgeschlossen sind, die bestimmte geografische Orte bezeichnen, die für die betroffene Art von Waren oder Dienstleistungen bereits berühmt oder bekannt sind und die daher von den beteiligten Verkehrskreisen in dem Gebiet, für das die Eintragung beantragt wird, mit dieser Art von Waren in Verbindung gebracht werden, und zum anderen geografische Bezeichnungen, die von Unternehmen verwendet werden können und für diese ebenfalls als geografische Herkunftsangaben für die Art der betreffenden Waren oder Dienstleistungen freigehalten werden müssen (vgl. entsprechend Urteil vom 4. Mai 1999, Windsurfing Chiemsee, C 108/97 und C 109/97, EU:C:1999:230, Rn. 29, 30 sowie 37).“

 

Das EuG gab der Klage der BIW Invest AG statt. Zunächst ist die Abgrenzung des EUIPO zwischen den „Street fashion-Stil“ und „konventioneller Bekleidung“  fehlerhaft. Der Street fashion-Stil stellt ein bloßes Merkmal der fraglichen Waren dar und ist für die Definition einer spezifischen Untergruppe innerhalb dieser Waren unerheblich. Das EUIPO bezieht sich ferner auf eine bestimmte Kategorie von Rap-Musik, nämlich den Gangsta-Rap der Westküste der Vereinigten Staaten am Ende der 80er und zu Beginn der 90er Jahre. Das EUIPO ist seiner Beweispflicht für die Bekanntheit der geografischen Bezeichnung dadurch nicht ausreichend nachgekommen. Die Bedeutung der Stadt Compton in der Geschichte des Gangsta-Raps allein reicht nicht aus, um festzustellen, dass diese Stadt - über den noch kleineren Kreis der am Gangsta-Rap selbst interessierten Personen hinaus – bei der breiten Öffentlichkeit bekannt war. 

 

Relevanz für die Praxis

Die Entscheidung zeigt noch mal die Komplexität der rechtlichen Prüfung bei Streitigkeiten um Markenrechte, insbesondere wenn es um geografische Bezeichnungen geht. Eine geografische Bezeichnung ist nicht automatisch von der Eintragung als geschützte Marke ausgeschlossen. In einem vergangenen Blogartikel haben wir ausführlich mit dem Thema auseinandergesetzt, ob „Kölner Dom“ in Deutschland als geschützte Marke einzutragen ist. Notwendig ist eine umfassende Prüfung aller relevanten Faktoren, einschließlich der Definition der betreffenden Waren und der Bewertung der Bekanntheit bei den relevanten Zielgruppen.

 

"Markenrechtstreitigkeit zwischen New Yorker und BIW Invest"

von Phuong Mai Nguyen, wissenschaftliche Mitarbeiterin