Facebook darf Fake-Werbeanzeigen gar nicht erst online stellen

Wer auf social media Kanälen unterwegs ist stößt unweigerlich früher oder später auf Werbeanzeigen. Auf Facebook etwa werden Werbeanzeigen in den persönlichen Feed eingespeist und dem Nutzer wird eine durch einen Algorithmus auf ihn zugeschnittene Werbeanzeige angezeigt. Werbung schalten kann jeder Nutzer mit einem Unternehmensaccount. Mit nur wenigen Klicks, mit denen der zur Verfügung gestellte Werbeanzeigenmanager von Meta durchlaufen wird können Werbebudget, Werbetext, - fotos, Zielgruppe, Kampagnendauer und weitere Modalitäten der Werbeanzeige bearbeitet und eine Anzeige geschaltet werden. Im Anschluss prüft Meta die Werbeanzeigen dahingehend, ob sie den dafür geltenden Werberichtlinien  entsprechen.


Dass diese Prüfung in vielen Fällen nicht hinreichend erfolgte war nun Gegenstand eines Rechtsstreits vor dem LG Bonn (Beschluss vom 05.07.2023 – Az. 9 O 130/23). Geklagt hatte der Virologe Hendrik Streeck. Der gerade im Zusammenhang mit der Covid-19 Pandemie bekannt gewordene Virologe trat in zahlreichen Talkshows auf, stand Berichterstattungen als Interviewpartner zur Verfügung und trug kritische Kommentare in Hinblick auf die nationale und internationale Corona-Politik bei.


Diese Medienpräsenz im Zusammenhang mit der Gesundheitsbranche nutzten offenbar einige Unternehmen dazu, um ihren Produkten mehr Aufmerksamkeit zu verschaffen. So erschienen mehrere Werbeanzeigen, die eine Fotomontage mit dem Bild Streecks enthielten. Sie umwarben unter anderem Produkte gegen Diabetes, Harninkontinenz und Blasenentzündungen. Dabei wurde bei einigen Anzeigen der Eindruck erweckt der Virologe selbst habe diese Produkte entwickelt, in anderen Fällen, dass Streeck selbst an diesen Beschwerden leide. Streeck und dessen Medienpräsenz dienten dabei als Werbefiguren für diese unseriösen Werbeanzeigen mit reißerischen Titeln.


Streeck, Leiter des Instituts für Virologie an der Bonner Uniklinik, betrieb gegen diese Werbeanzeigen ein Eilverfahren gegen den Facebook-Betreiber Meta Platforms Ireland Ltd. Er begehrte eine einstweilige Verfügung dahingehend, dass Meta die Veröffentlichung von Anzeigen der beschriebenen Art untersagt wird. Dem Antrag wurde stattgegeben.


Gemäß § 27 Abs. 3 S. 4 MBO-Ä ist es Streeck als Mediziner ausdrücklich untersagt, für seine Arbeit oder medizinische Produkte zu werben. Neben der Persönlichkeitsrechtsverletzung Streecks ist mit solchen Anzeigen damit auch das berufliche Ansehen des Virologen gefährdet, so das LG Bonn.


Das Landgericht sah in der Veröffentlichung derartiger Fake-Anzeigen eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Mediziners und bejahte einen Unterlassungsanspruch aus § 1004 BGB. Die Störereigenschaft Metas sei zumindest mittelbar gegeben.


Bildnisse dürften auch gemäß §§ 22, 23 KUG nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden, was hier nicht erfolgt sei.


Auch technisch sei es dem Konzern möglich eine solche Prüfung durch den Einbau entsprechender Algorithmen einzubauen. Insbesondere seien die streitgegenständlichen Werbeanzeigen alle nach demselben Schema aufgebaut, sodass eine Erkennung auch in einem automatisierten Prozess möglich sein sollte.


Das Gericht weist ausdrücklich darauf hin, dass die Antragsgegnerin Meta nicht nur die nachträgliche Verpflichtung zur Löschung solcher Werbeanzeigen hat, sondern vielmehr proaktiv sicherstellen muss, dass diese gar nicht erst veröffentlicht werden. Dies gelte spätestens ab dem Zeitpunkt, an dem Meta erstmals Hinweise auf eine solche Rechtsverletzung erhält.


Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

 

"Facebook darf Fake-Werbeanzeigen gar nicht erst online stellen"

von Gina Amalathasan, wissenschaftliche MItarbeiterin