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Vorschaubilder III Entscheidung: Privilegiert der BGH Google?

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit Urteil vom 21.09.2017 die sogenannte "Vorschaubilder III" Entscheidung verkündet - BGH I ZR 11/16-. Im Wesentlichen ging es hierbei um die spannende Frage, ob ein Suchmaschinenbetreiber für die Wiedergabe urheberrechtlich geschützter Fotos in seiner Bildersuche haftet.

 

Das amerikanische Unternehmen Perfect 10 hatte den Anbieter AOL u.a. auf Unterlassung verklagt. Perfect 10 ist Rechteinhaber von Fotos, welche das Unternehmen seinen Kunden in einem passwortgeschützten Bereich gegen Entgelt mittels Download zur Verfügung stellt. Eine Weitergabe und/ oder Veröffentlichung der so erlangten Fotos durch die Kunden ist untersagt.

 

Zum Zeitpunkt der Klage im Jahr 2009 bot AOL auf seiner Internetpräsenz eine Internetsuche an, welche auf Google verwies. Die angezeigten Suchergebnisse entsprachen somit den Ergebnissen von Google. In den Suchergebnissen der Bildersuche fanden sich zahlreiche Fotos des Rechteinhabers Perfect 10. Das Unternehmen begehrte mit der Klage nun die Unterlassung der Wiedergabe der Fotos in den Suchergebnissen, speziell in der Bildersuche.

 

Der jetzigen "Vorschaubilder III" Entscheidung waren zwei Entscheidungen des BGH bezüglich der Bildersuche voraus gegangen.

 

Im Jahr 2010 hatte der BGH mit der seinerzeit wegweisenden „Vorschaubilder I“ Entscheidung geurteilt, dass die Wiedergabe von Vorschaubildern eine „öffentliche Zugänglichmachung“ im Sinne des UrhG darstellt. Dennoch kam der BGH zu dem Schluss, dass die Wiedergabe innerhalb der Ergebnisse der Bildersuche bei Google legal sei. Dies begründete der BGH damit, dass man davon ausgehen könne, dass der Rechteinhaber in die Auffindbarkeit durch Google eingewilligt habe. Denn wer Bilder so frei ins Netz stellt, dass sie von Suchmaschinen gefunden werden, willige darin auch durch schlüssiges Verhalten ein. Wer das nicht möchte, der müsse technische Vorkehrungen gegen die Auffindbarkeit treffen (Az. I ZR 69/08).

 

2011 ergänzte der BGH dieses Urteil dann mit der „Vorschaubilder II“ Entscheidung. Hier stellte der BGH klar, dass die obigen Grundsätze auch dann gelten, wenn Dritte die Bilder mit Einwilligung des Urhebers einstellen und der Urheber diese nicht angewiesen hat, Vorkehrungen gegen Suchmaschinen zu treffen (Az. I ZR 140/10).

 

Im Ergebnis hat der BGH mit der "Vorschaubilder III" Entscheidung jetzt entschieden, dass eine Anzeige von urheberrechtlich geschützten Bildern, die von Suchmaschinen im Internet aufgefunden worden sind, grundsätzlich keine Urheberrechte verletzt.

 

Kurios an der Entscheidung ist, dass der BGH sich ausdrücklich auf eine Entscheidung des EuGH zu Verlinkungen bezieht. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union -EuGH, 08.09.2016 - C-160/15- stellt das Setzen eines Links auf eine frei zugängliche Internetseite, auf der urheberrechtlich geschützte Werke ohne Erlaubnis des Rechteinhabers eingestellt sind, nur dann eine öffentliche Wiedergabe dar, wenn der Verlinkende die Rechtswidrigkeit der Veröffentlichung der Werke auf der anderen Internetseite kannte oder vernünftigerweise kennen konnte. Diese Rechtsprechung beruht auf der Erwägung, dass das Internet für die Meinungs- und Informationsfreiheit von besonderer Bedeutung ist und Links zum guten Funktionieren des Internets und zum Meinungs- und Informationsaustausch in diesem Netz beitragen.

 

Soweit so gut, allerdings führte der EuGH in der zitierten Entscheidung noch weiter aus, dass jeder eine öffentliche Wiedergabe eines urheberrechtlich geschützten Werkes vornehme, der Kenntnis von der Rechtswidrigkeit der verlinkten Inhalte habe. Wer zudem einen Link auf ein solches Werk mit Gewinnerzielungsabsicht setze, bei dem werde sogar vermutet, dass er in Kenntnis der Rechtswidrigkeit der Veröffentlichung auf der anderen Website handelte. Von ihm könne erwartet werden, dass er erforderliche Nachprüfungen vornimmt. Für Einzelpersonen gelte das aber nicht, denn für diese, sei es praktisch unmöglich, zu wissen, ob diese legal im Internet seien oder nicht.

 

Da stellt sich einem unweigerlich die Frage, wie es wohl um die Gewinnerzielungsabsicht von Google bestellt ist.

 

Diese Frage hat sich wohl auch der BGH gestellt und seine Entscheidung daher wie folgt begründet:

 

"Diese Vermutung gilt wegen der besonderen Bedeutung von Internetsuchdiensten für die Funktionsfähigkeit des Internets jedoch nicht für Suchmaschinen und für Links, die zu einer Suchmaschine gesetzt werden. Von dem Anbieter einer Suchfunktion kann nicht erwartet werden, dass er überprüft, ob die von der Suchmaschine in einem automatisierten Verfahren aufgefundenen Bilder rechtmäßig ins Internet eingestellt worden sind, bevor er sie auf seiner Internetseite als Vorschaubilder wiedergibt."

 

Jeder mag für sich selbst entscheiden, wo die Bedeutung des Internets und der Schutz der Meinungsfreiheit in diesem aufhört und eine Privilegierung eines Multimilliardenkonzerns anfängt. Es kann aber die Frage gestellt werden, ob der BGH hier Google nicht vielleicht tatsächlich privilegiert. Juristischer Fakt ist aber nach dieser Entscheidung, dass Google zumindest nach deutschem Recht nunmehr eine Art "Persilschein" in Bezug auf Urheberrechtsverletzungen ausgestellt wurde.

 

Was sind die Folgen für Betroffene?

 

Rechteinhabern wird die Durchsetzung ihrer urheberrechtlichen Ansprüche nunmehr zwar erschwert, eine Durchsetzung ist aber nach wie vor nicht unmöglich. Denn Google & Co. haften nur solange nicht, wie sie gutgläubig sind. Der Rechteinhaber muss den Suchmaschinenbetreiber deshalb über eine konkrete Verletzungshandlung informieren. Reagiert dieser dann nicht, ist er bösgläubig und haftet in der Folge dann auch voll.

 

"Vorschaubilder III Entscheidung: Privilegiert der BGH Google?" von

Rechtsanwalt Andreas Buchholz