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Gameslaw: Ist Kopierschutz auf Konsolen zulässig? (Rechtsanwalt Benedikt Schönbrunn)

Mit dieser Frage musste sich der Europäische Gerichtshof (EuGH) bereits im Jahr 2014 beschäftigen.

 

Ausgangspunkt war ein Verfahren, dass Nintendo Co. Ltd, Nintendo of America Inc. und Nintendo of Europe GmbH (Nintendo) in Italien gegen die PC Box Srl (PC Box) geführt hat.

 

Gegenstand des Verfahrens war ein Computerprogramm von PC Box, das auf den Konsolen von Nintendo installiert wurde. Durch dieses wurde die auf den Konsolen vorhandene technische Schutzmaßname umgangen (der Kopierschutz war nicht nur auf den Datenträgern, sondern auch auf der Konsole selber vorhanden). Laut PC Box wurde der Kopierschutz umgangen, um auf den Konsolen MP3s, Filme und vergleichbare unabhängige Software abzuspielen. Nintendo vertrat jedoch die Auffassung, dass durch die Umgehung der technischen Schutzmaßnahme insbesondere „illegale Kopien von Videospielen“ auf den Konsolen abgespielt werden.

 

Aus diesem Grund verklagte Nintendo die Firma PC Box vor dem Tribunale di Milano. Das Gericht hegte Zweifel, ob die von Nintendo verwendeten technischen Schutzmaßnahmen mit EU-Recht vereinbar seien (insbesondere Art. 6 der Richtlinie 2001/29 unter Berücksichtigung des 48. Erwägungsgrundes dieser Richtlinie). Daher setzte es den Rechtstreit aus und legte dem EuGH zwei Fragen zur Vorabentscheidung vor.

 

Im Wesentlichen begehrte das Vorlagegericht zunächst die Prüfung, ob es rechtmäßig sei, die technische Schutzmaßnahme nicht nur auf dem Datenträger, sondern auch auf der Konsole zu implementieren. Sodann sollte geprüft werden, ob es auf den bestimmungsgemäßen Verwendungszweck der Konsolen von Nintendo sowie der Produkte von PC Box ankomme und ob die Beurteilung anders ausfallen müsse, wenn Nintendo eine alternative technische Maßnahme verwendet, die jedoch einen vergleichbaren Schutz liefere und Dritte weniger einschränke.

 

Mit Urteil vom 23.01.2014 – C-355/12 beantwortete der EuGH diese Vorlagefragen.

 

Der EuGH bejaht zunächst den urheberrechtlichen Schutz von Videospielen und stellt deren Einordnung als hybrides Werk (ein Computerprogramm, das grafische und klangliche Bestandteile aufweist) in den Vordergrund.

Die Mitgliedstaaten seien nach Art. 6 der Richtlinie 2001/29 verpflichtet, für einen angemessenen Rechtsschutz für die Umgehung von technischen Schutzmaßnahmen zu sorgen. Eine Einschränkung, dass diese „wirksame technische Maßnahme“ nur auf dem Datenträger, nicht jedoch auf der Konsole implementiert sein dürften, sei nicht ersichtlich. Daher ist der Kopierschutz (auch) auf den Konsolen zunächst zulässig (1. Vorlagefrage).

 

Bei der Beantwortung der 2. Vorlagefrage überließ der EuGH den nationalen Gerichten die Beurteilung, ob tatsächlich vergleichbar wirksame technische Schutzmaßnahmen bestehen, die zu einem ähnlichen Preis ein vergleichbares Schutzniveau bieten, Dritte aber weniger beeinträchtigen.

 

Weiter komme es bei der Beurteilung des Umfangs des Schutzes nicht auf den Verwendungszweck der Konsolen wie er von Nintendo angedacht sei an. Vielmehr solle auf das Programm abgestellt werden, das den Kopierschutz umgehe. Daher könne von den nationalen Gerichten geprüft werden, wie die Programm von PC Box tatsächlich verwendet werden, insbesondere ob diese zur Verwendung von nicht genehmigten Kopien der Spiele eingesetzt werden.

 

Im Ergebnis bedeutet dies, das Nintendo eine andere Art des Kopierschutzes wählen muss, sofern andere Schutzmaßnahmen bestehen und die Programme nicht dazu benutzt werden, „illegale Spiele“ zu spielen.

 


Nach Beantwortung der Vorlagefragen wurde der Rechtstreit vor dem Tribunale di Milano fortgeführt. Da es PC Box nicht gelang, eine vergleichbar wirksame aber weniger einschränkende technische Schutzmaßnahme darzulegen, obsiegte Nintendo: PC Box musste nicht nur die verbliebene Ausrüstung zur Umgehung des Kopierschutzes zerstören und Schadensersatz leisten, sondern auch die Kosten des Rechtstreits tragen.

 

"Gameslaw: Ist Kopierschutz auf Konsolen zulässig?"

von Rechtsanwalt und Fachanwalt für Informationstechnologierecht Benedikt Schönbrunn