BGH: Auskunft- und Nachvergütungsanspruch für Fotografen bei Nutzung eines Portraitfotos

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat am 18. Juni 2025 entschieden, dass ein Berufsfotograf von einem Fitnessunternehmen, welches insbesondere Nahrungsergänzungsmittel vertreibt, Auskunft über die Nutzung und die Erträge von Produkten verlangen kann, auf denen das von ihm geschossene Portrait der Geschäftsführerin abgedruckt wurde, um mit diesen Informationen eine angepasste Vergütung zu erhalten (BGH, Urteil vom 18.06.2025, Az. I ZR 82/24).

 

Was ist passiert?

Der Kläger ist Berufsfotograf und machte im Rahmen eines Shootings Fotos von der Geschäftsführerin des Beklagten Unternehmens. Dieses bietet unter anderem Fitnessprogramme an aber vertreibt auch Nahrungsergänzungsmittel. Aus dem Shooting-Material fertigte der Kläger ein Portrait-Foto der Geschäftsführerin. Die Beklagte druckte das Foto im Anschluss auf zahlreiche Verpackungen ihrer Nahrungsergänzungsmittelprodukte. Diese wurden sowohl auf der Webseite des Unternehmens, einem Onlineshop und auf einem Teleshopping Kanal – dort von der Geschäftsführerin selbst - präsentiert. Der Kläger machte nun geltend, dass ursprünglich lediglich eine Nutzung für einen Fitnessplan vorgesehen war. Daher habe er nur eine Vergütung von 180 Euro – 45 Euro pro Arbeitsstunde – anberaumt. Mit der Klage verfolgte der Kläger daher nun das Ziel Auskunft über den genauen Umfang der Nutzung des Fotos sowie die daraus erzogenen Erträge und Vorteile zu erlangen, um im Folgenden auf Basis dieser Daten eine angemessene Beteiligung zu erhalten.

 

Die Begründung des Urteils

Nachdem der Kläger erstinstanzlich noch unterlag, bestätigte der BGH nun die vorinstanzliche Entscheidung des OLG welches dem Kläger einen teilweisen Auskunftsanspruch zugesagt hatte.

 

Die Kriterien

Grundsätzlich muss ein Vertragspartner einem Urheber nach § 32d Abs. 1 Urhebergesetz (UrhG) jährlich Auskunft über den Umfang der Werknutzung und die hieraus gezogenen Erträge und Vorteile gewähren. Die seit dem 7. Juni 2021 geltende neue Fassung des § 32d UrhG gilt dabei nach § 133 Abs. 3 UrhG auch für Altverträge, wenn die Nutzung nach dem 7. Juni 2021 weiterhin erfolgt. Das Unternehmen musste hier daher nachweisen, ob einer der von § 32 d UrhG genannten Ausschlussgründe greift, bei denen diese Pflicht ausnahmsweise nicht besteht.

 

Keine Nachrangigkeit des Beitrags

Ausgeschlossen können Ansprüche etwa sein, wenn der Beitrag des Urhebers am Produkt, Dienstleitung oder Werk als nachrangig zu bewerten ist, § 32d Abs. 2 Nr.1 UrhG. Ein solcher nachrangiger Beitrag besteht nach § 32d Abs. 2 Nr. 1 UrhG insbesondere dann, wenn er den Gesamteindruck eines Werkes oder die Beschaffenheit eines Produktes oder einer Dienstleistung wenig prägt. Das Vorliegen einer solchen Prägung und damit keinen nachrangigen Beitrag hat der BGH hier jedoch angenommen. Maßstab sei hier nach dem BGH, bei der werbliche Nutzung eines Produkts, welche werbliche Bedeutung das Werk am Produktabsatz hatte. Dafür spräche im vorliegenden Fall die vielfache Verwendung des Fotos auf mehreren Produkten und die Wirkung des Portraits der Geschäftsführerin auf der Verpackung, welches dem Käufer suggeriert, dass die Geschäftsführerin mit ihrem Namen, Expertise etc. für die Wirksamkeit des Produktes steht.

 

Klare Anhaltspunkte für Vertragsanpassung ausreichend

Für den Fotograf war es im Ergebnis jedoch gar nicht entscheidend, ob eine Nachrangigkeit des Beitrags gegeben war oder nicht. Nach dem BGH reicht es nach dem Wortlaut des § 32d Abs. 2 Nr. 1 UrhG nämlich bereits aus, wenn aufgrund nachprüfbarer Tatsachen klare Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Urheber die Auskunft für eine Vertragsanspassung benötigt. Nach der damals geltenden Fassung des § 32a UrhG musste dafür ein “auffälliges Missverhältnis” zwischen Vergütung und den Erträgen und Vorteilen bestehen. Dabei lässt der BGH bewusst offen, ob für das durch die neue Fassung eingeführte Kriterium (“unverhältnismäßig niedrig”) ein anderer Maßstab gilt. Als klare Anhaltspunkte sah der BGH hier schon das klare Auseinanderfallen von Vergütung und der vielfachen Verwendung des Fotos auf verschiedenen Produkten. Diesbezüglich gelte auch kein strenger Maßstab, da die dafür erforderlichen Informationen schließlich durch den Auskunftsanspruch erbracht werden sollen.

 

Möglichkeit der Verwirkung

Noch nicht endgültig entschieden blieb, inwieweit der Fotograf durch die späte Geltendmachung seines Anspruchs diesen teilweise nach § 242 BGB verwirkt haben könnte. Das Unternehmen gab diesbezüglich an, der Fotograf habe über einen Zeitraum von 8 Jahren fortwährend Aufträge in fünfstelliger Höhe erhalten aber die Verwendung des Portraits währenddessen ungerügt gelassen. Ob dieses Argument im Lichte des § 32d UrhG durchgreift, muss nun das Berufungsgericht entscheiden.

 

Welche Bedeutung hat die Entscheidung?

  1. Der BGH stellt hier als Maßstab fest, dass für die Frage, ob eine “nachrangige Bedeutung” eines Werkes vorliegt bei der werblichen Nutzung eines Produkts für den Absatz auf die werbliche Bedeutung für den Absatz abzustellen ist.
  2. Des Weiteren stellte der BGH klar, dass für Werke, die nach dem 7. Juni 2021 genutzt werden die neue Version des § 32d UrhG auch für Altverträge gilt, was für Unternehmer mit solchen bestehenden Altverträgen relevant sein kann.
  3. Auch lässt das Urteil die Frage offen, ob der neue Maßstab des § 32a UrhG (“unverhältnismäßig niedrig”) in Zukunft eine niedrigere Hürde als ein “auffälliges Missverhältnis” darstellt.
  4. Urheber sollten ihre Ansprüche rechtzeitig geltend machen, um einer möglichen Verwirkung zu entgehen.
  5. Für Urheber ist außerdem interessant (wenn auch nicht neu in dieser Entscheidung), dass es für den Auskunftsanspruch ausreichend ist klare Anhaltspunkte für das Bestehen eines Anpassungsanspruchs nach § 32a UrhG nachzuweisen. Hier etwa die mehrfache Nutzung auf verschiedenen Produkten im Verhältnis zur Vergütung. Ob eine nachrangige Bedeutung vorliegt, ist dann gar nicht mehr zu prüfen.

"BGH: Auskunft- und Nachvergütungsanspruch für Fotografen bei Nutzung eines Portraitfotos"

von Leon Beckmann, wissenschaftlicher Mitarbeiter