Datenschutz: BGH setzt Verfahren gegen Facebook aus

Es ist einmal wieder so weit. Der Bundesgerichtshof (BGH) muss sich mit datenschutzrechtlichen Fragen in Zusammenhang mit dem sozialen Netzwerk „Facebook“ beschäftigen. Genauer gesagt muss der BGH jetzt erst einmal gar nichts machen außer abwarten, denn er hat das Verfahren ausgesetzt bis der Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) im Rahmen eines Vorabentscheidungsverfahren in anderer Sache entschieden hat.

 

Aber worum geht es überhaupt? Auf Facebook befindet sich ein sogenanntes „App-Zentrum“. Dort bietet Facebook den Nutzern kostenlos Online-Spiele an. Der Haken an der Sache ist, dass diese Spiele nicht von Facebook betrieben werden, sondern von Drittanbietern. Warum ist das ein Problem? Es geht wie so häufig um die Weitergabe, die Übermittlung von Nutzerdaten durch Facebook an die Drittanbieter.

 

Im jetzt zu entscheidenden Fall wurden im Jahr 2012 mehrere Spiele auf Facebook angeboten, bei denen unter dem Button „Sofort spielen“ die Hinweise zu lesen waren.

 

Darin hatte der Dachverband der Verbraucherzentralen der Bundesländer einen Verstoß gegen § 13 Absatz 1 Satz 1 Telemediengesetz (TMG) und § 4a Absatz 1 Satz 2 Bundesdatenschutzgesetz alte Fassung (BDSG a.F.) gesehen und erhob Klage gegen Facebook.

 

Nach Ansicht des Klägers sei der Hinweis zu Umfang und Zweck der Erhebung und Verwendung der Daten der Nutzer unzureichend und daher keine Grundlage für eine wirksame Einwilligung in die Nutzung der Daten. Außerdem seien die verletzten datenschutzrechtlichen Vorschriften Marktverhaltensregelungen im Sinne von § 3 Absatz 1, § 4 Nr. 11 Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb alter Fassung (UWG a.F.) (jetzt § 3 Absatz 1, § 3a UWG), weshalb der Dachverband der Verbraucherzentralen der Bundesländer wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche gegen Facebook nach § 8 Absatz 1 Satz 1 UWG habe.

 

Das Landgericht (LG Berlin, Urteil vom 28. Oktober 2014 - 16 O 60/13) hatte Facebook antragsgemäß verurteilt. Facebook musste es danach unterlassen, im App-Zentrum kostenlose Spiele so zu präsentieren, dass die Benutzer des Netzwerks beim Betätigen des Buttons eine Erklärung zur Übermittlung der bei Facebook hinterlegten personenbezogenen Daten an den Betreiber des Spiels und zur Ermächtigung des Betreibers abgeben, im Namen des Verbrauchers Informationen zu posten.

 

Die Berufung hatte keinen Erfolg. Das Kammergericht (KG, Urteil vom 22. September 2017 - 5 U 155/14) hatte deutsches Recht für anwendbar erklärt und entschieden, dass Facebook Daten im Sinne des § 3 Absatz 4 Nr. 3 BDSG a.F. verarbeitet habe, die Einwilligung der Benutzer jedoch unwirksam sei, da durch den von Facebook gegebenen Hinweis offen geblieben sei, welche Daten freigegeben würden.

 

Nun hat der BGH das Verfahren bis zur Entscheidung des EuGH über das Vorabentscheidungsersuchen des Oberlandesgerichts (OLG) Düsseldorf vom 19. Januar 2017 (I-20 U 40/16) ausgesetzt. In diesem Verfahren geht es um datenschutzrechtliche Fragen in Zusammenhang mit dem Einbinden des Facebook-Like-Buttons auf anderen Websites ohne informierte Einwilligung des Websitebesuchers.

 

In beiden Verfahren sind die gleichen Fragen entscheidungserheblich. Der BGH möchte die Frage klären lassen, ob Verbände wie der Dachverband der Verbraucherzentralen der Bundesländer überhaupt Verstöße gegen die Datenschutz-Richtlinie verfolgen können oder ob dies allein durch die Datenschutzbehörden oder durch die Betroffenen erfolgen kann.

 

Zwar bestimmt die nationale Regelung des § 8 Absatz 3 Nr. 3 UWG das qualifizierte Einrichtungen, wie hier der Verband, zur Wahrung der Interessen der Verbraucher im Falle einer Verletzung von Datenschutzvorschriften gegen den Verletzer vorgehen kann, jedoch stehen dem möglicherweise die EU-Regelungen in Art. 22 bis 24 der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Richtlinie) entgegen.

 

Es bleibt also spannend bis zur Entscheidung des EuGH, welche eine Vielzahl von offenen Fragen wird beantworten müssen.

 

Pressemitteilung des BGH, Beschluss vom 11. April 2019 - I ZR 186/17

 

 

"Datenschutz: BGH setzt Verfahren gegen Facebook aus"

von Stephan Bergmann, wissenschaftlicher Mitarbeiter